Auf in die Welt der Pflanzenesser!

Die Vorbereitungen

Da ich schon einiges über die vegane Ernährung weiß, decke ich mich mit Reis, Nudeln und Bohnen sowie Gemüse in der Dose ein, um immer etwas in Reserve dazuhaben. Außerdem besorge ich mir in einem Reformhaus vegane Aufstriche und für meinen Nebenjob, für den ich einmal in der Woche mittags unterwegs bin, ein veganes Fertiggericht von Aldi. Produkte wie Sojageschnetzeltes und Tofu sind mir auch schon bekannt und kaufe ich auch gleich auf Vorrat. Mit dem Gefühl bereit zu sein, bin ich schon echt gespannt und freue mich richtig auf meinen veganen Monat.

Mein Ziel

Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, auf Dauer komplett vegan zu leben. Es wäre jedoch toll, dass wie bei meiner vegetarischen Ernährung – das anfangs Unbekannte Routine wird und man beispielsweise automatisch mit Erleichterung die Fleischtheke auslässt und wenn man überlegt, was man heute kochen kann, einem etwas Vegetarisches zuerst einfällt. Definitiv will ich zumindest kleine Sachen ändern: Wie die tägliche Milch gegen Sojamilch zu tauschen, möchte ich dann auch gern anstatt zu Käse-Produkten oder Ei, zu gutem Ersatz greifen, den ich dann inzwischen kenne. Was ich mir vorstellen könnte ist, die halbe Woche vegan und den Rest vegetarisch zu leben. Falls ich mein veganes Leben trotz aller Zweifel über den Monat hinaus weiterverfolge, denke ich, dass ich zumindest zu Feierlichkeiten in der Familie und beim Essen Gehen mit Freunden eine Ausnahme machen werde, mit dem Wissen, dass dies eine besondere Sache ist… Aber fangen wir erstmal an!

 

1ster Tag

Bei der Angebotsvielfalt fiel die Wahl schwer.

Dafür habe ich den 5.Oktober auserkoren. Da unser Verein an diesem Tag den veganen Brunch im AZ Conny mit ausrichtet und ich selbst vegane Gerichte dafür vorbereite, hielt ich es für eine perfekte Gelegenheit. Mein Zwiebel-Apfel-Aufstrich ist mir ganz gut gelungen und der Linsensalat ist auch genießbar. Durch den Brunch habe ich mir gleich ein paar Anregungen geholt, was ich so kochen möchte. Der Tomaten-Aufstrich war mein Favorit und wird demnächst selbst gemacht.

Da PETA ein kostenloses 30-tägiges Programm für „Neuveganer“ anbietet, nutze ich dies gleich aus, melde mich an und erfahre sofort etwas über die vegane Ernährungspyramide. Ich bin neugierig darauf, was PETA für Tipps und Rezepte gibt.

2ter Tag

Immer noch hochmotiviert und ausgestattet mit Resten vom veganen Brunch starte ich euphorisch in den Tag. Leider schmeckt mein gekaufter Avocado-Aufstrich so gar nicht nach Avocado und ich kriege ihn nur mit viel Tomate runter. Selbst machen ist eh besser, denk ich mir und gehe in den Einkaufsladen um die Ecke. Die Avocados, die an sich schon teuer sind, kosten heute ganze 1,80€ und dass ist es mir echt nicht wert. Ohne Einkauf gehe ich zu meiner nächsten Station, Fatima, ein kleiner Laden mit leckerem arabischen Angebot. Es gibt Falafel und eine wahnsinnig leckere Reispfanne. Leider haben sie ausgerechnet heute ohne ersichtlichen Grund geschlossen… Mit leeren Händen komme ich also zurück nach Hause und wärme mir Rosenkohl von gestern mit Reis auf.

Was mir auffällt: Das typische Völlegefühl beim omnivoren Essen kommt nicht auf – fühlt sich zwar ganz gut an, aber ungewohnt, weshalb gleich die vegane Schokolade angebrochen wird.

Habe mir endlich mal die Essenstipps für eine vegane Ernährung von der Albert Schweitzer Stiftung vorgenommen und bin auf interessante Blogs gestoßen, die viele neue Rezepte bereithalten.

3ter Tag

Mein Facebook-Aufruf zum Mitmachen hat zwar niemanden animiert, aber es gab fast nur positives Feedback und ganze 13 Likes. Es ist auch immer schön, mit verschiedenen Leuten darüber ins Gespräch zu kommen. Habe so erfahren, dass zwei Freunde von mir schon eine ganze Weile vegetarisch leben.

Da ich zuvor bewusst vegetarisch gelebt habe, aber bei Heißhunger auch ein oder zwei Augen zugedrückt habe, wiegt nun das Gefühl des auferlegten Verbots sehr schwer. Bekanntlich will man das, was man nicht haben kann, und so ist der tägliche Weg am Hähnchengrill vorbei eine ganz schöne Herausforderung.

4ter Tag

v3Frühstück ist schon Routine. Habe aber für die Arbeit mein Mittag vergessen und da hungere ich bis ich wieder zu Hause bin. Dafür hat sich das Warten gelohnt: Die vegane fertige Bolognese von Aldi war klasse – sehr fruchtig. Dann steht das erste große Einkaufen mit veganer Unterstützung von Lisa, einem weiteren Mitglied des Anima e.V., an. Treffpunkt Neustadt. Es geht zur Biosphäre und ich kriege auf einige noch offene Fragen zum veganen Leben Antworten. Das Einkaufen läuft komplett anders ab als gewöhnlich. Man schaut nicht gelangweilt ins Regal, was man denn diesmal mitnimmt, sondern hält Ausschau nach veganen Produkten. Das geschulte vegane Auge hinsichtlich der Zutaten muss ich mir noch antrainieren.

Nach einem veganen Einkauf bei Rewe treffen wir weitere Freunde von Anima e.V., die beim Projekt „Vegan to go“ mithelfen. Es wird fleißig geschnippelt, massig gegessen und viel erzählt. Ein toller Abend. Ich habe frische rote Beete für mich entdeckt und konnte verschiedene vegane Aufstriche sowie Löwenzahnsirup testen. Der Käse auf der Lasagne hat mir nicht so sehr gefehlt wie ich gedacht hätte. Sojajoghurt mit Apfelstrudelgeschmack ist übrigens verdammt lecker. Auch meine selbstgebackenen Apfel-Zimt-Haselnuss-Muffins kommen bestens an.

collage kochen

5ter Tag

Es geht auf zum Schillerplatz und ich teste im Curry & Co vegane Currywurst mit Pommes. Sehr lecker und ich überlege kurzzeitig, ob die Wurst wirklich vegan ist. Die wird demnächst nochmal verdrückt! Sobald man Fast Food isst, kommt mir das Gefühl als Veganer auf irgendwas zu verzichten absurd vor.

Essenstechnisch lief der Tag gut, aber was wäre das Leben eines Veganers ohne die Omnivoren, die sich erstmal künstlich aufspielen müssen und sich indirekt in ihrer Lebensweise angegriffen fühlen? Ich bin in dem Moment sehr froh, dass ich schon genügend über solche Erfahrungen von anderen gehört habe und lache innerlich.

Abends bin ich zu einer guten Bekannten eingeladen und hoffe innerlich, dass sie nichts zu essen vorbereitet hat. Leute für Nettigkeiten vor den Kopf zu stoßen, ist Scheiße.

6ter Tag

Mittags teste ich eine neue Pesto-Sorte mit Rucola. Da sie gar nicht mein Geschmack ist und ich ihre Dominanz nicht mit viel Käse in die Knie zwingen kann, heißt es auf die Schnelle Nudeln mit Ketchup einverleiben. Abends geht’s zu einem Kochabend mit meinem Mädels vom Studium. Ganz unkompliziert haben sie von sich aus vorgeschlagen, dass wir dann mal vegan kochen. Fand ich super! Wir entschieden uns für eine Rote-Beete-Karotten-Suppe, Schokokuchen zum Nachtisch und zum Spieleabend gab es noch Chips, dessen Zutatenliste wir gemeinsam studiert haben. Vermisst hat keiner was.

7ter Tag

Der letzte Tag der ersten Woche und ich hatte noch nicht groß das Gefühl, dass was fehlt oder ich was verpasse. Das überrascht mich, aber heute kommt auch noch die Härteprobe auf mich zu, denn es geht nach Hause zur fleischliebenden Familie, die zum Geburtstag ein Spanferkel geordert hat. Da ich meinen veganen Monat in weiser Voraussicht angekündigt habe, ist die Empörung eher gering und Oma höchstpersönlich macht mir Bratkartoffeln, in Margarine gebraten, ohne Speckwürfel.

Da in meiner Familie die Mütter dem Rest der Familie mittels leckerer Speisen eine Freude machen, ist die Umstellung für meine Mutter sichtlich schwierig und sie weiß nicht, wie ich das Wochenende ohne zu verhungern überstehen soll. Meinen Vorschlag für alle am Sonntagmittag vegan zu kochen, nahm sie mit viel Misstrauen entgegen, besorgte mir aber ohne zu meckern alle nötigen Zutaten in der Woche. Was jedoch der Rest meiner Familie heute Abend zu meinem „Essensprotest“ sagen wird, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Ich habe sicherheitshalber eine Broschüre „Warum vegane Ernährung, die bessere Variante ist“ eingesteckt.

Auf dem Weg nach Hause bin ich zwischenzeitlich halb verhungert. Gibt es denn wirklich kein einziges veganes Gericht (abgesehen von trocken Brötchen) im Hauptbahnhof einer Hauptstadt?* Zum Glück gibt es dafür in Leipzig einen Chinesen, bei dem man sich sein Essen selbst zusammenstellen kann. Gerade noch daran gedacht, dass chinesische Nudeln Eier enthalten, auf Reis umgeschwenkt und mich gefreut, dass cremige Soßen hier mit Kokosmilch gemacht werden.

*Nachtrag: Ich wurde eines Besseren belehrt (dank Kerstin): Starbucks hat ein veganes Sandwich. Blöd nur, wenn man da sonst nie einkaufen geht und das dann null auf dem Schirm hat. Beim nächsten Mal bin ich schlauer – und satter.

8ter Tag

Resümee zu gestern: Ich habe eine „openminded“ Family. Es gab nicht einen dummen Kommentar, sondern nur interessierte Fragen, wie „Warum machst du das?“ oder „Was kann man denn da noch essen?“. Zudem stand mein Opa, der nicht daran glaubt, dass man die Welt verändern kann, hinter meiner Entscheidung, da er findet, wenn man hinter einer Sache steht, sollte man sich auch dafür einsetzen.

Resümee zu meiner Person: Das Schwein hat mich definitiv angestarrt! Ja, ich ekle mich nicht vor Fleisch wo noch der Kopf dran ist und gerade das finde ich auch so wichtig beim Essen: Man sollte noch sehen, dass es mal ein Tier war und das auch irgendwie würdigen. Es ist definitiv um einiges schwerer vegan zu leben, wenn der Rest um dich herum nicht vegan is(s)t! Doch die größte Herausforderung waren wohl die Käsespieße mit würzigem Bergkäse! Die Versuchung war groß, der Geist zum Glück stärker.

Einfacher in den eigenen vier Wänden: das Frühstück.

Einfacher in den eigenen vier Wänden: das Frühstück.

 

Nun zum Frühstück in einem nicht veganen Haushalt: Die Allesesser-Falle hat zugeschnappt. Weil ich die Hälfte vom Tisch nicht essen konnte, war ich froh über Margarine zu meiner Marmelade. Jedoch war diese nicht rein pflanzlich – wieso sollte sie auch? Darauf muss man sonst ja nicht achten.

Ich habe dann heute vegan gekocht und es wurde artig alles probiert und für ganz gut befunden. (Leider war der Standardkommentar: „Jetzt noch mit Fleisch dazu und dann wäre das richtig lecker!“)

 

9ter Tag

Zurück in den heimischen vier WG-Wänden ist der Kühlschrank wieder gut bestückt mit rein veganen Sachen. Es ist wirklich entspannend, nicht noch zu Hause die Zutatenliste zu prüfen! Abends läd mich eine Freundin ein, da sie für längere Zeit ins Ausland geht und es wird natürlich vegan gekocht. Wir machen Apfelstrudel selbst, was gar nicht so einfach ist, und ich esse zum zweiten Mal in meinem Leben Tempeh, der im Wok echt besser als auf dem Grill schmeckt. Die Essensgespräche führen so natürlich auch zum Thema Massentierhaltung und es ist beruhigend bei diesem Thema nicht eines der ausgebeuteten, leidenden Tiere im Mund zu haben.

Die Mails von PETAs Veganstart sind vor allem informativ, weil viele Aspekte der Ernährung beleuchtet werden. Die Rezepte finde ich eher öde, aber das liegt wohl daran, dass sie erstmal vor allem einfach sein und einem das Leben nicht noch zusätzlich schwer machen sollen. Einen Fakt konnte ich am heutigen Abend anbringen, der mein umweltbewusstes Ich besonders freut: Ein Monat vegan heißt auch den CO2-Ausstoß von vier Autos, die ein ganzes Jahr fahren, einzusparen! Wenn das nicht was ist?! Und da kam das Thema Wassereinsparung noch gar nicht zur Sprache.

 

Zum zweiten Teil Annes Erfahrungsbericht geht es hier: Im veganen Alltag angekommen

Veröffentlicht in Vegan to go.

2 Kommentare

  1. Hallo Anne,
    gibst du Roh-Kakaopulver und einige Bananen in einen Blender/Mixer,
    so erhältst du das leckerste, einfachste und zugleich, vermutlich eines der gesündesten Schoko Dessert/-pudding der Welt. ;)

    Dieses lässt sich nach belieben verfeinern. Ich nehme dazu bspw. Zimt, Sultanine, Olivenöl in Rohkost-Qualität, oder Kamut. Letzeres weiche ich vorm verzehr einfach über Nacht ein. Aber auch ohne diese Zutaten schmeckt der Pudding/das Dessert gut!

    Ich wünsche weiterhin viel Erfolg!!!

    Ps: Alle Zutaten findest du u.a. in der VG.

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