Es gibt viele Argumente, die für einen Zirkus ohne Tiere sprechen. Als einen Teilschritt in diese Richtung setzen wir uns dafür ein, dass die Stadt Dresden keine kommunalen Flächen mehr an Zirkusse vergibt, die Wildtiere mit sich führen. Um das zu erreichen, haben wir einen entsprechenden Antrag an die Stadtrats-Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke gestellt, führen Gespräche mit Politikern des Dresdner Stadtrates und veranstalten bunte, positive Kundgebungen vor Zirkussen, die Wildtiere mit sich führen. Zudem betreiben wir eine breite Öffentlichkeitsarbeit, nehmen an Diskussionsrunden teil, sammeln Unterschriften für eine entsprechende Petition und setzen die Presse als Multiplikator ein.
Wildtiere gehören nicht in den Zirkus
Wildtiere leiden in Zirkussen erheblich. Das ist ein systemimmanentes Problem. Es ist unmöglich, in Zirkus-Betrieben Tiere artgerecht zu halten, die in Freiheit teilweise hunderte Kilometer große Reviere haben (wie Löwen oder Tiger) oder in komplexen Familienverbänden leben und hunderte Kilometer zurücklegen (wie Elefanten). Das Leben im Zirkus bedeutet für Wildtiere eine lebenslange Qual, auch dann, wenn sie nicht wild gefangen, sondern in Zoos oder Zirkussen geboren wurden.1
Zu kritisieren sind hier insbesondere die Dressur und die Unterbringung der Tiere. Bei der Dressur werden Tiere mitunter auch durch Androhung oder gar Zufügen von Gewalt zu artuntypischen Verhaltens- und Bewegungsmustern gedrängt, die zu körperlichen und psychische Erkrankungen führen können. Zu entsprechenden Erkrankung können ebenfalls die häufigen Transporte und Unterbringungen in provisorischen Gehegen führen, da hiermit zwangsläufig Stresssituationen, nicht artgerechte Haltungsbedingungen und die fehlende Möglichkeit der Revierbildung verbunden sind.
Eine gewisse Gefahr besteht auch für den Menschen. Immer wieder kommt es zu Ausbrüchen von Zirkustieren, die häufig zu Unfällen mit Menschen führen. Diese hatten in der Vergangenheit nicht nur den Tod einiger Zirkustiere zur Folge, wie im April 2014, als ein ausgerissenes Pony aus dem Zirkus Meik bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam2. Auch wurden bereits Personen schwer oder sogar tödlich verletzt. So wurde z. B. im Juni 2015 ein 65-Jähriger aus Buchen im Neckar-Odenwald-Kreis von einer afrikanischen Elefantenkuh getötet3 – zuvor hatte die Elefantenkuh bereits mehrere Menschen schwer verletzt. Allein in der Zeit von Januar 2013 bis September 2014 wurde von mindestens 30 weiteren Ausbrüchen und Unfällen berichtet.4
Nicht zuletzt stellen sich aber auch grundsätzliche ethisch-philosophische Fragen: Ist es angemessen, Lebewesen allein für die Unterhaltung des Menschen ihr natürliches Umfeld zu verwehren und sowohl psychisch als auch physisch leiden zu lassen? Und spiegelt ein Umgang mit vermeintlich Schwächeren, der durch das Ausüben von Macht und Gewalt sowie das Aberkennen sämtlicher Bedürfnisse und Rechte auf Freiheit und körperliche Unversehrtheit wirklich Werte wider, die wir unseren Kindern durch den Besuch im Zirkus vermitteln wollen?
Situation in Dresden bestätigt grundsätzliche Defizite des Tierschutzes in Zirkussen
Zwischen 2010 und 2013 gastierten in Dresden 30 Zirkusse, die Tiere mit sich führten. Davon wurden bei 15 Zirkussen durch Kontrollen Verstöße festgestellt.5 Die festgestellten Verstöße betrafen unzureichende Beschäftigungsmöglichkeiten, ungeeigneten Untergrund für den Huf- und Klauenabrieb, das Fehlen von Mineralstoffen und Nagematerial bzw. das Fehlen einer Suhle oder die fehlende Anzeige des Gastspieles bei der Landeshauptstadt Dresden sowie eine mangelnde Kennzeichnung der Tiere. Die Zahl festgestellter Verstöße übersteigt in Dresden prozentual leicht den bundesweiten Durchschnitt. Im Jahr 2011 stellten die Amtsveterinäre bundesweit in allen Zirkussen bei 895 Kontrollen 409 Verstöße gegen Haltungsanforderungen für Tiere fest.6
Wir gehen davon aus, dass die Dunkelziffer an Verstößen gegen den Tierschutz noch größer ist, denn veterinärmedizinische Kontrollen erfolgen normaler Weise nur angekündigt vor Beginn des Gastspiels. Unangekündigte Kontrollen erfolgen hingegen nur, wenn bereits bei dieser ersten Kontrolle Missstände festgestellt wurden oder wenn eine Anzeige gegen die Haltungsbedingungen des Zirkus gestellt wird. Die meisten Zirkusse halten sich in Dresden drei bis vier Wochen auf. Beachten sie vor Beginn des Gastspiels alle Standards und verbergen sie Ihre Haltungsbedingungen in der Folge vor den Blicken der Bevölkerungen, können sie im Grunde unkontrolliert handeln wie sie wollen.
Der Bundestag versus Tierärzte, Bevölkerung, Bundesrat und Grundgesetz
Die Bundestierärztekammer, als veterinärmedizinisch höchstes Gremium in Deutschland, fordert deshalb bereits seit 2010 ein Verbot von Wildtieren im Zirkus. So betont Prof. Mantel, Präsident der Tierärztekammer, dass Wildtiere im Zirkus heute nicht mehr akzeptabel seien, da sich die Erkenntnisse über die Bedürfnisse von Wildtieren stark erweitert hätten.7
Die Überzeugung, dass Wildtiere nicht artgerecht im Zirkus gehalten werden, vertritt eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung, wie aus mehreren repräsentativen Umfragen hervorgeht. So teilten z. B. 82 % der Befragten einer Umfrage des forsa-Instituts vom Mai 2014 diese Ansicht.8 Entsprechend lehnen 66 % der Deutschen die Wildtierhaltung in Zirkussen ab, wie eine repräsentative Umfrage des ZDF-Magazins „frontal 21“ im März 2015 ergeben hat.9
Petitionen bestätigen die Ergebnisse dieser Umfragen. So erreichte eine Petition der Tierschutzorganisation Vier Pfoten im Jahr 2012 über 108.000 Unterschriften.10 Eine weitere Petition gegen Wildtiere im Zirkus von PETA erreichte über 640.000 Unterschriften.11 Eine aktuell laufende Petition von Vier Pfoten hat mittlerweile schon über 90.000 Stimmen.12 Auch weitere Tierschutzvereine wie Animal Public13 und der Deutsche Tierschutzbund14, als Dachverband zahlreicher Tierschutzvereine, sprechen sich für ein Verbot von Wildtieren in Zirkussen aus.
Dem Ruf der Bevölkerung ist der Deutsche Bundesrat bereits drei Mal gefolgt. So hat dieser in den Jahren 200315, 201116 und zuletzt am 18. März 201617 einen Antrag für ein Wildtierverbot in Zirkussen an den Deutschen Bundestag gestellt. Im Dezember des Jahres 2011 hat die damalige schwarz-gelbe Regierungskoalition ein Wildtierverbot in Zirkusbetrieben abgelehnt, obwohl nur drei Wochen zuvor die von der CDU/CSU und FDP geführten Länder im Bundesrat einem identischen Antrag zugestimmt hatten.
Wir gehen davon aus, dass ein bundesweites Wildtierverbot in Zirkussen in absehbarer Zukunft nicht realistisch ist, solange eine von CDU/CSU geführte Regierung fortbesteht. Dies ist besonders unverständlich, bedenkt man, dass das Staatsziel Tierschutz seit 2002 im Grundgesetz verankert ist.
Deutschland hinkt hinterher, aber Städte und Gemeinden gehen den ersten Schritt
Weltweit haben bereits 30 Länder ein Wildtierverbot in unterschiedlicher Ausgestaltung eingeführt, davon befinden sich 18 Länder in Europa. Griechenland, Kroatien, Malta, Zypern und Bolivien verbieten sogar generell die Aufführung von Tieren im Zirkus.
Immer mehr deutsche Städte und Gemeinden wollen dieser Rückständigkeit nicht mehr tatenlos zusehen und nehmen eine Vorreiterrolle in Deutschland ein. Bereits mehr als 60 Städte und Gemeinden haben beschlossen, dass sie keine kommunalen Flächen mehr an Zirkusse vergeben wollen, die Wildtiere mit sich führen.18 Welche Tiere diese Beschlüsse umfassen, unterscheidet sich zwischen den Städten und Gemeinden jedoch stark.
Unsere Vorstellung vom Zirkus
Wir kritisieren den Zirkus nicht per se, nur sind wir der Meinung, dass Zirkus auch oder insbesondere ohne Tiere Spaß machen kann. Es gibt zahlreiche Zirkus-Alternativen, die auf den Einsatz von Tieren weitgehend verzichten, dem Zuschauer mit qualitativ hochwertigen Programmen unvergessliche Zirkus-Erlebnisse bieten und damit auch wirtschaftlich außerordentlich erfolgreich sind. Zu nennen sind hier der Circus Flic-Flac, der Cirque du Soleil, der Chinesische Staatscircus oder regionale Dresdner Zirkusprojekte wie z. B. der Springkraut e. V. Viele traditionelle Zirkusse haben inzwischen ihr Programm geändert: Sie verzichten auf den Einsatz von Wildtieren und wenden sich zum Teil mit anspruchsvollen pädagogischen Konzepten speziell an Kinder und bieten im Mitmach-Zirkus ein ganz neues, positives Zirkus-Erlebnis.
Ziel sollte es sein, Kinder selbst aktiv werden zu lassen und auf spielerische Art und Weise die Entwicklung ihrer künstlerischen und sportlichen Kompetenzen zu fördern. Die sehenswerten Akrobatikshows verschaffen den Kindern einen Einblick in die Leichtathletik und motivieren zur gesunden und sportlichen Lebensweise.
Wir setzen uns für einen Wandel in der Zirkuswelt ein, sodass wieder der Mensch mit seinen Fähigkeiten und Talenten in den Mittelpunkt rückt. Mit dem Abzug von Wildtieren aus der Manege können zudem Arbeitsplätze für Menschen (statt Tiere) geschaffen und Tieren ein artgerechteres Leben – beispielsweise auf Lebens- und Gnadenhöfen – ermöglicht werden.
Wie Sie uns unterstützen können
Für die Umsetzung unserer Ziele benötigen wir Ihre Hilfe!
Gemeinsam mit dem Tierschutzverein Dresden e. V. Menschen für Tierrechte haben wir eine Petition ins Leben gerufen, die den Dresdner Stadtrat auffordert, ein „kommunales Wildtierverbot“ zu beschließen. Bitte teilen auch Sie dem Dresdner Stadtrat mit, dass Sie zukünftig keine Wildtiere in Zirkussen mehr sehen möchten und unterstützen Sie unsere Petition. Bitte animieren Sie auch Ihre Familie, Freunde und Bekannte dazu, unsere Petition zu unterstützen!
Sie können die Petition auch als Unterschriftenliste ausdrucken und sich auf die Suche nach Unterstützern begeben oder die Liste in Läden, Tierarztpraxen oder anderen Einrichtungen in Ihrer näheren Umgebung auslegen. Bitte fragen Sie vor dem Auslegen der Listen vorher vor Ort um Erlaubnis und senden Sie die ausgefüllten Listen per Post an uns zurück.
Bitte folgen Sie uns auch auf Facebook und unserer Homepage, um über unsere weiteren Veranstaltungen auf dem Laufenden zu bleiben und uns gegebenenfalls vor Ort unterstützen zu können. Hier werden wir auch über die weiteren Fortschritte und Erfolge unserer Arbeit berichten.
Quellenangaben:
1. Stadt Hamburg (2010). Drucksache 19/7032.
2. Kölnische Rundschau: Wiehler Autobahnzubringer Zirkuspony stirbt bei Verkehrsunfall [02.08.2016]
3. Die Welt: Elefant tötet Spaziergänger in Baden-Württemberg [02.08.2016]
4. Unfälle und Ausbrüche von Zirkustieren – Zusammenstellung gemäß Angaben von PETA Deutschland
PETA: Unfälle und Ausbrüche in Deutschland [02.08.2016]
5. Landeshauptstadt Dresden (2013). Anlage 5. Gastieren von Zirkusunternehmen mit Wildtieren in Dresden.
6. Deutscher Bundestag (2014). Drucksache 18/2690. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Maisch, Harald Ebner, Matthias Gastel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Haltung von Wildtieren im Zirkus, S. 3f. Verfügbar unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/026/1802690.pdf [23.07.2016]
7. Bundestierärztekammer (2014). Pressemitteilung. Bundestierärztekammer fordert Verbot von Wildtieren im reisenden Zirkus. Verfügbar unter: www.bundestieraerztekammer.de/index_btk_presse_details.php?X=20120222210840 [23.07.2016]
8. forsa. Meinungen zur Haltung von exotischen Wildtieren in reisenden Zirkusunternehmen. Repräsentative Meinungsumfrage vom 19. und 20.05.2014.
9. ZDFfrontal21 vom 03.03.2015, Verfügbar unter: https://www.youtube.com/watch?v=WH6i2AZwYj0 [02.08.2016]
10. Vier Pfoten: Überschriftenübergabe. Über 100.000 Stimmen für Wildtierverbot im Zirkus.
11. PETA: Tyke 2014 [02.08.2016]
12. Vier Pfoten: Brüll für ein Wildtierverbot im Zirkus [02.08.2016]
13. animal public: Demonstration vor „Circus Krone“ [02.08.2016]
14. Deutscher Tierschutzbund: Keine Wildtiere im Zirkus [02.08.2016]
15. Bundesrat (2003). Drucksache 595/03. Beschluss des Bundesrates. Entschließung des Bundesrates zum Verbot der Haltung bestimmter wildlebender Tierarten im Zirkus und zur Einrichtung eines Zirkuszentralregisters. Verfügbar unter: http://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2003/0501-0600/595-03(B).pdf?__blob=publicationFile&v=1 [23.07.2016]
16. Bundesrat (2011). Drucksache 565/11. Beschluss des Bundesrates. Entschließung des Bundesrates zum Verbot der Haltung bestimmter wild lebender Tierarten im Zirkus. Verfügbar unter: http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2011/0565-11B.pdf [23.07.2016]
17. Bundesrat (2016). Drucksache 78/16. Beschluss des Bundesrates. Entschließung des Bundesrates zum Verbot der Haltung bestimmter wild lebender Tierarten im Zirkus. Verfügbar unter: http://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2016/0001-0100/78-16(B).pdf?__blob=publicationFile&v=2 [23.07.2016]
18. PETA: Verbote der Haltung von Wildtieren in Zirkussen. Regelungen zum Verbot von Wildtieren auf städtischen Flächen (Stand: Juli 2016) [02.08.2016]